Unser Flöhchen, ein sehr junger Kater strich im Herbst 1989 um unser Haus und bat recht massiv um Einlass. Da wir schon 3 Katzen hatten, wussten wir nicht, ob es Unfrieden gebe, wenn wir ihn hereinlassen. Also brachten wir ihn auf einen ca 2 km entfernt liegenden Bauernhof zurück, von wo er entlaufen war. Das wiederholten wir in den nächsten Tagen mehrfach ... zum Schluss war der Kater eher wieder bei uns, als wir mit dem PKW über die Strasse zurück. Meine Tochter liess ihn daraufhin hinein, und weil er total voller Flöhe sass, nannten wir ihn >Flöhchen<. Flöhchen hatte asiatischen Einschlag, lange Nase, etwas eng stehende, aber grosse Augen. Es sah immer aus, als schiele er. Er war mit Kindern aufgewachsen, hatte keine Scheu vor Menschen, ganz im Gegenteil, er suchte ihre Nähe. Abends, wenn die anderen Katzen ihren Schlafplatz aufsuchten, kam er zu uns auf den Schoss – meistens zu dem, der gerade Jeans anhatte, Floh liebte Jeans... Floh war überaus neugierig und gelehrig, er lernte schnell, auf Bäume zu klettern – von dort auf das Garagendach usw. Weiterhin konnte er nach kurzer Zeit Türen öffnen, so dass wichtige Türen im Haus stets verschlossen bleiben mussten. Den Gebrauch der Katzenklappe erkannte er als erster und leitete die anderen an. Er war agil, kräftig, nicht zu bremsen, und er verteidigte >sein< Revier gegen jegliche Eindringlinge ! Mit seinem Eifer und seiner überschäumenden Kraft war er stets ein Schelm, immer zu Streichen aufgelegt, lustig und verspielt – aber überaus liebebedürftig ... er suchte stets die Nähe seiner Menschen. Ernsthaft krank war er so gut wie nie, für uns war es daher klar, dass wir an diesem Kater sehr lange unsere Freude haben werden. Umso besorgter waren wir, als er kurz vor Ostern 2000 nicht mehr frass, sich verkroch, zusehnds abmagerte und meine Frau fand ihn Ostermontag bei Regen unter einem Busch im Garten versteckt... Ich ging am Dienstag sofort mit ihm zum Tierarzt, der nach kurzer Untersuchung die Diagnose stellte: Leukose im Endstadium, akutes Nierenversagen, die Nieren waren schon faustgross angeschwollen, und der Arzt sagte, das Wochenende werde er so nicht mehr überleben. Ich nahm Flöhchen dennoch wieder mit nach Hause, damit sich alle Familienmitglieder noch einmal von ihm verabschieden konnten. Es war ein warmer, sonniger Tag, meine Frau nahm ihn auf den Arm, trug ihn durch den Frühlingsgarten und zeigte ihm noch einmal seine Lieblingsplätze. Dann fuhr ich mit ihm zurück zum Tierarzt ... kein Weg ist mir bisher schwerer gefallen ... Jetzt liegt er im Schatten eines Baumes, unter dem er immer gerne sass, von wo aus er auf die Wiese blicken konnte und Mäuse und Schmetterlinge beobachtete.
Edmund Maser
26/04/00

Olymp